Tulisa

Hilf uns zu helfen

Winterliche Grüße aus Ambovo, wo das Krankenhaus voll ist

Helfen macht glücklich!

Liebe Freunde und Unterstützer,

Ein Rundbrief war im März nahezu fertig zum Versand, als Corona ganz aktuell wurde. Wir haben gezögert, ihn zu versenden. Doch nun wissen wir, es gibt das neue Normal, das Leben geht weiter – anders, in mancherlei Hinsicht anstrengender, in vielerlei Hinsicht auch entschleunigt und daher angenehm. Wir nehmen jeden Tag dankbar so wie er kommt, geben unser Bestes und erleben nach wie vor nahezu täglich sehr bewegende Dinge.

Die Corona Situation hat einige Anpassungen von uns gefordert und wir sind dennoch sehr froh und dankbar, dass wir weitestgehend unsere Arbeit aufrechterhalten können.

Mitte März haben wir zum Schutz unseres Teams die mobilen Programme eingestellt. Mit einem schweren Herzen, denn unsere Obdachlosen und die Menschen im Busch liegen uns ja sehr am Herzen, aber dennoch müssen wir versuchen, unser Team zu schützen. Einige Wochen später hat auch die Regierung hier Ausgangssperren verhängt, so dass wir dann sowieso hätten aufhören müssen, zumindest vorübergehend.

Unsere Zahnärztin arbeitet eingeschränkt für Notfälle und Dinge, die nicht warten können. Die Allgemeinärzte arbeiten in den beiden Mobilen oben auf dem grossen Fussballplatz vor dem Dorf, so dass wir uns im Krankenhaus selbst „nur noch“ alles rund um das Thema Schwangerschaft und Kinder kümmern.

In der Geburtshilfe haben wir einen deutlichen Anstieg an Schwangeren, da in der Stadt die Arbeitsplätze wegfallen und somit die Menschen wieder aufs Land kommen. Ausserdem gibt es keinen Transport mehr, so dass auch die Leute, die weiter weg entbunden hätten, nun zu uns kommen. Und schlussendlich gibt es in Tana so viele Covid-Fälle, dass die Schwangeren aus Sorge aus allen Himmelsrichtungen auch lieber zu uns kommen.

Wir hoffen, Euch und Ihnen geht es gut und wünschen viel Spass beim Lesen! Bitte seid und seien Sie auch weiterhin dabei, wenn wir Schritt für Schritt, Familie für Familie, das Gesicht der Welt hier in und um Ambovo herum verändern.


Die Frühchen bei MHM seit Juni 2020

In den letzten 7 Wochen haben bei uns neben den vielen anderen Babys, 10 Frühchen das Licht der Welt erblickt – und wir hatten und haben noch alle Hände voll zu tun. Drei Mal Zwillinge, und 4 einzelne Babys waren es. Zwischen 13 und 5 Wochen zu früh. So viele sehr kleine Babys mit enormem Mehr-Aufwand hatten wir noch nie gleichzeitig.
Unser Team hat im Bereich Geburtshilfe enorm viel gelernt und sich sehr sehr positiv weiter entwickelt. Die Hebammen haben angefangen, neue Hebammen zu unterrichten, die ersten Hebammen sind nun im Einsatz, die von unseren einheimischen Hebammen eingearbeitet und auf unseren Standard gebracht wurden. Welch eine Freude! Das bedeutet, dass ich weniger oft zu Geburten gerufen werde, da das Wissen und auch das praktische Können sich immer weiter entwickeln.

Und dann kamen die Frühchen. Das ist eine ganz neue Welt, die sich da für uns auftut. Wir haben viel Ausstattung, z.B. Wärmebettchen, Inkubatoren, Sauerstoff und CPAP Maschinen. Vieles davon gibt es selbst an der Uni Kinderklinik nicht. Wir haben Personal und Dank Euch und Ihnen, auch die finanzielle Möglichkeit, solche intensiven Patienten zu betreuen. Aber dann fehlt das Wissen und Können. Zu Jahresbeginn hatten wir eine Freiwillige aus der Intensivstation für Frühgeborene in Aschaffenburg hier bei uns, die unser Personal geschult hat. Viel Theorie, praktische Übungen, und nun oft über die Ferne noch Hilfe und Unterstützung. Und dann haben wir noch eine ganz wertvolle Unterstützung, auch aus Aschaffenburg: Oberärztin Dr Stuchlik, die jedes kranke Neugeborene und Frühgeborene mit uns begleitet. Das hört sich vielleicht verrückt und unvorstellbar an, aber die Situation hier vor Ort ist überall so limitiert, dass es für unsere Patienten das Beste ist, was ihnen „passieren“ kann.


Die aktuelle Situation von den zehn Frühchen:
Sieben sind schon entlassen und wir sehen sie regelmäßig und überwachen sie auch weiter. Die Familien brauchen oft viel Ermutigung, Begleitung, Informationen. Und diese Babys sind uns noch mehr ans Herz gewachsen, als alle anderen eh schon.
Unsere sehr kleine NyAvo ist verstorben – mit 900 gr. und 13 Wochen zu früh sind die Überlebenschancen auf Madagaskar leider deutlich geringer als in einem entwickelten Land.
Und zwei sind noch bei uns: Fabiola und Toky. Sie brauchen 1-2 Personen rund um die Uhr, die nichts anderes machen, als diese beiden zu betreuen. Fabiola war das erste Baby, das wir entschieden haben, als Frühchen per Kaiserschnitt zu entbinden – 9 Wochen vor dem Termin, da durch sehr hohen Blutdruck der Mama die Versorgung so schlecht war, dass Fabiola nicht mehr lange im Bauch überlebt hätte.
Toky ist das 3. Kind seiner Eltern, und auch seine Geschwister wurden bei uns geboren. Mama Tatamo ist 20 Jahre alt und das zweite Kind Mihaja (2019) und jetzt Toky kamen jeweils 5 Wochen zu früh.
Und natürlich sprechen wir mit den Familien auch über Familienplanung und Verhütung – aber die letzte Entscheidung liegt bei den Eltern! Jeden Montag gibt es kostenlose Verhütungsmittel, kurzfristige, mittelfristige und auch langfristige. Doch der madagassische Wunsch zur Hochzeit: Sieben Söhne, sieben Töchter – ist tief in den Köpfen verankert.

Es gab so lange keinen Rundbrief, weil ich oft nicht weiss, was von all den aufregenden und bewegenden Ereignissen ich berichten soll. Und neben all den anderen Aufgaben und schlechtem Internet, bleibt der Rundbrief leider zu oft unfertig oder noch trauriger unversandt im Laptop.
Wir haben uns nun entschieden, immer nur eine „Geschichte“ zu schreiben und dafür häufiger. Meine Assistentin Rojo wird das auch immer wieder mal machen, wenn meine Zeit wieder mehr in der medizinischen Abteilung gebraucht wird. Sie ist eine sehr talentierte junge Frau, die im Goethe Institut Deutsch gelernt hat. Sie spricht und schreibt Deutsch, noch nicht perfekt, aber doch sehr gut und nimmt mir immer mehr Aufgaben im Bereich Email, Berichte und Rundbriefe ab.

 
Herzlichen Dank für Eure und Ihre treue Unterstützung. Jeder kann Teil sein der tollen Dinge, die wir hier machen und erleben dürfen.

Wir wünschen Euch und Ihnen wie immer nur das Beste und vor allem in dieser herausfordernden Zeit viel Durchhaltevermögen und Kraft.
Im Bild unten sehen wir Sitraka – er wurde im September 2019 bei uns ebenfalls viele Wochen zu früh geboren und lange stationär betreut. Heute ist er 11 Monate alt, gesund und munter und kommt regelmäßig zu uns, zur Nachkontrolle, Impfungen, und wenn er mal krank ist.
Es tut uns als Team sehr gut, den Kontakt zu unseren Patienten sehr persönlich und nahe zu halten. Manchmal tut es weh, aber meistens ist es eine grosse Freude!

Gottes Segen, und bis bald wieder,
Eure und Ihre
Tanja mit Fanilo & Fifaliana und im Namen des ganzen Teams.

Viele kleine Leute, an vielen kleinen Orten, die viele kleine Schritte tun,
können das Gesicht der Welt verändern. [Afrikanisches Sprichwort]

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